Mit Belohnungen können Anreize für unternehmensinternes Whistleblowing geschaffen werden. Werden durch Hinweise von Mitarbeitern oder Geschäftspartnern systematische Compliance-Verstöße aufgeklärt, abgestellt und konsequent geahndet, dann sollten Whistleblower auch belohnt werden. Mit transparenten und durchdachten Belohnungssystemen können Unternehmen ein Zeichen setzen für eine Nulltoleranzstrategie gegen unternehmensbezogene Straftaten. Mitarbeiter müssen spüren und erleben, dass Compliance kein “Papiertiger” ist. Whistleblowing ist aber nur in einer wertebasierten Unternehmenskultur sinnstiftend, sonst drohen Misstrauen, Missbrauch und Bespitzelung. Auch ein „Fair Trial“ für Verdächtige ist wichtig.
Belohnungsprogramme müssen Teil einer effizienten Compliance-Kommunikation sein. Internetbasierte Hinweisgebersysteme und Ombudsleute können das Vertrauen in die Systeme weiter stärken. Belohnungen für Whistleblower lassen sich auch im Compliance-Budget darstellen und rechtfertigen. Ein funktionierendes Compliance-System mit der Herzkammer Whistleblowing findet bei der Bemessung der Geldbußen gegen die Unternehmen Berücksichtigung. Es gilt das Motto: “If you think compliance is expensive, try non-compliance”. Entscheidend ist die mit den Belohnungen verbundene Signalwirkung und die Effizienzsteigerung. Um die Selbstreinigungskräfte der Unternehmen zu stärken, sollte der Gesetzgeber auch die steuerliche Absetzbarkeit von Belohnungssystemen ausdrücklich anerkennen. Die Auslobung von Belohnungen ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt und grundsätzlich legitim.
Belohnungsregelungen sind bei richtiger Ausgestaltung ein sinnvolles Instrument zur Steigerung der Meldebereitschaft. Dabei können sich die Unternehmen an den branchenspezifischen Compliance-Risiken orientieren. Die Geschäftsleitung kann die Auslobung von Belohnungen auf bestimmte Compliance-Felder beschränken. Bei einer Kosten-Nutzen-Analyse lohnt ein Blick ins Mutterland des Whistleblowing: Die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC zahlt an Whistleblower Beträge in Höhe von 10 bis 30 Prozent der gegen die Unternehmen verhängten Geldsanktionen. Unternehmen müssen Whistleblowing als Frühwarnsystem begreifen. Verhinderte Reputationsschäden, durch Abstellen der Compliance-Verstöße verhütete weitere Vermögensschäden und die Berücksichtigung von Compliance bei der Bemessung der Geldbuße können Kalkulationsgrundlage für die Belohnung sein. Spiegelbildlich stellt auch der potenzielle Hinweisgeber eine Kosten-Nutzen-Analyse an. Ohne angemessene Beträge gilt das Sprichwort: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Für die Unternehmen läuten die Alarmglocken: Mit der Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie wird das Prinzip des Vorrangs für internes Whistleblowing in Deutschland ein Ende finden. In Zukunft gilt: Hinweisgeber genießen Schutz gegen Repressalien auch dann, wenn sie sich unmittelbar an die Behörden wenden. Ohne Belohnungen für Whistleblower laufen unternehmensinterne Hinweisgebersysteme Gefahr, gegenüber den Meldekanälen der Behörden ins Hintertreffen zu geraten. Kontrollverluste der Geschäftsleitung sind dann unausweichlich.