Prof. Dr. Christina E. Bannier ist Professorin für Banking & Finance an der Justus-Liebig-Universität Gießen mit Tätigkeitsschwerpunkten im Bereich Corporate Finance, Corporate Governance, ESG-Investing, Risikomanagement und Bankenregulierung. Zuvor war sie mehrere Jahre als Commerzbank Stiftungsprofessorin für Mittelstandsfinanzierung und Leiterin des Finance Departments an der Frankfurt School of Finance & Management tätig. Neben ihrer Tätigkeit als Hochschullehrerin war sie Beirätin für diverse Bundes- und Landesministerien in Deutschland. Derzeit ist sie Mitglied des Aufsichtsrats der Clearstream Banking AG und Geschäftsführerin des TransMIT-Zentrums für Unternehmens- und Projektfinanzierung und -bewertung. Sie ist Mitherausgeberin des Journal of Business Economics und präsentiert ihre Forschungsergebnisse auf internationalen Konferenzen.
Klare Compliance-Struktur vs. Tone at the Top – Ergebnisse einer quantitativen Unternehmens-Studie
Welche finanzielle Wirkung entfalten Compliance-Maßnahmen im Unternehmen? Und welche Maßnahmen sind besonders effektiv?
In einer aktuellen Studie (Quelle) untersuchen wir die Compliance-Aktivitäten von 112 deutschen, am Kapitalmarkt gelisteten (DAX, MDAX, SDAX und TecDAX) Unternehmen über den Zeitraum 2014 bis 2017. Wir entwickeln dazu einen Score, der die berichteten Compliance-Tätigkeiten der Unternehmen quantitativ abbildet. Unsere Analyse zeigt deutlich, dass ein effektives Compliance-System von den Investoren am Kapitalmarkt honoriert wird und den Firmenwert heben kann.
Wie läuft die Wirkungskette? Wir können zeigen, dass Compliance-basierte Maßnahmen insbesondere helfen, Extremrisiken (sogenannte Tail-Risks) d.h. Verlustpotentiale, die nur mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit auftreten, dann aber verheerende Wirkungen haben, zu reduzieren. Diese risikomindernde Eigenschaft von Compliance-Maßnahmen wird dabei sowohl von Eigen- wie auch von Fremdkapitalgebern zur Kenntnis genommen und schlägt sich in einer Reduzierung der entsprechenden Risikokennzahlen deutlich nieder. Zudem zeigen die betrachteten Unternehmen, dass ein höherer Compliance-Score mit einer besseren operativen Performance einhergehen. Beides, die Minderung von Extremrisiken sowie die Steigerung der Performance durch vermehrte Compliance-Aktivität, schlägt sich in einem höheren Unternehmenswert nieder.
Doch sind alle Elemente eines Compliance-Systems gleichermaßen wirkungsvoll, oder sollten Unternehmen sich vorrangig auf bestimmte Bausteine dieser Systeme konzentrieren? Tatsächlich erweisen sich insbesondere solche Compliance-Maßnahmen als besonders effektiv, die zu einer klaren Compliance-Struktur im Unternehmen beitragen. Wichtig ist es, Compliance-Aufgaben eindeutig bestimmten Positionen oder Personen zuzuweisen und somit Verantwortlichkeiten zu verankern. Dies kann beispielsweise erfolgen durch die Benennung eines Chief Compliance Officers, durch die Installation eines anonymisierten Whistleblower-Systems, durch regelmäßige Compliance-Trainings, interne Kontrollen und klare Sanktionsmechanismen bei Verstößen gegen Compliance-Verhaltensregeln. All diese Elemente tragen zu einer Institutionalisierung des Compliance-Systems im Unternehmen bei, indem sie Funktionen lokal bzw. personell verorten und verbindliche Aktions-Wirkungs-Mechanismen kommunizieren. Weichere Compliance-Elemente wie die Etablierung eines Compliance-basierten „Tone at the Top“ oder nach außen gerichtete Bausteine wie externe Zertifizierungen tragen dagegen kaum zur positiven Wirkung bei.