Am 10. Oktober 2018 luden die Handelsblatt Fachmedien in die Design Offices am Berliner Humboldthafen zum neuen Format „Praxisforum Business Ethics“ ein. Bei sonnigem Spreeblick konnten die Teilnehmer erfahren, warum Ethik im Geschäftsalltag heute nicht mehr wegzudenken ist, wie man sie praktisch etabliert und sie im Unternehmen lebt.
Christian Thunig (Managing Partner bei der INNOFACT AG) führte mit seinem Eröffnungsvortrag anhand von „10 Thesen zum Wettbewerbsfaktor Ethik“ in die Thematik ein. Eine der Thesen „Die nachfolgende Generation entwickelt zunehmend einen Sinn für Nachhaltigkeit“ zeigte auf, dass Jobbewerber heute nicht nur ihr Gehalt hinterfragen, sondern vielmehr den Sinn ihrer Arbeit – oder was der potentielle Arbeitgeber im Bereich Nachhaltigkeit vorlebt. Wichtig sei, auf Reden müssen Taten folgen und „Kommunikation darf keine Müllhalde werden“. Nachfolgend gab Dr. Frank Döring (Partner der Personalvermittlung Rochus Mummert Excecutive Consultants GmbH) einen Einblick über die Hebelwirkung „Wertschätzung“. Ethik, Kultur und Wertschätzung sind „schwer greifbare weiche Themen“, die die unternehmerische Energiequelle jedoch befeuern. Wertschätzungsmaßnahmen geben Mitarbeitern eine klare Orientierung, steigen ihr Selbstwertgefühl und bringen Mut zu mehr Eigenverantwortung, Kreativität und Lösungsorientierung. Nach diesem gelungenen Auftakt wurden die Smartboards hervorgerollt und die Gäste teilten sich auf 2 Workshops auf:
1. „Wirtschaftsethik im Mittelstand – Ein notwendiges Alleinstellungsmerkmal“
Dietrich von Saldern (Geschäftsführender Gesellschafter der von Saldern Gruppe) führt einen inhabergeführten Mittelstandsbetrieb und erklärte im Workshop wo dem Mittelstand der „Compliance-Schuh drückt“ und welche persönlichen Erfahrungen er mit der Zertifizierung nach dem Hamburger Compliance Modell gemacht hat. Mit in die Diskussion flossen Praxisbeispiele, wie Wertschätzung im Unternehmen konkret umgesetzt werden kann. Die handgeschriebene Geburtstagskarte für jeden der 540 Mitarbeiter sei dabei erst der Anfang.
2. „What’s next? Ethische Leitlinien im Rahmen der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz“
Teilnehmer des Workshops mit Robin Weninger (Tagungsleiter, Managing Director & Co-Founder von shapingwork) diskutierten in Kleingruppen die spannenden Fragen: Vor welchen ethischen Herausforderungen stehe ich im Kontext Digitalisierung (egal ob beruflich oder privat)? Wie können diese gelöst werden?
Den Nachmittag eröffnete Monika Rühl (Leiterin Social Responsibility der Deutsche Lufthansa AG) mit ihrem Beitrag zu Unternehmenskultur und –werte im Kontext hoch dynamischer Veränderungen. So berichtete sie, dass die Lufthansa auf die zunehmende Luftfahrt-Dynamik mit einer disziplin-übergreifenden Rotation für ihre Führungskräfte reagiert. Zur Stabilisierung ihres Wertegerüsts erhalten die Führungskräfte bei jeder Rotation Feedback von Vorgesetzten sowie Mitarbeitern hinsichtlich ihrer Eignung als Führungskraft. Michael Timmermann (Founder & Managing Partner von Timmermann Partners) stellte anschließend praktische Maßnahmen zu den 4 Change-Hebeln vor, die in einer Integritätskultur erreichen werden sollten und fasste es prägnant zusammen: „Es gibt nichts Gutes – außer DU tust es!“ Stefan Haver (Head of Corporate Responsibility bei der Evonik Industries AG) sprach im Anschluss über die Objektivierung, Mess- und Steuerbarkeit von Corporate Social Responsibility. In dem Englisch-sprachigen Vortrag von Olivier Van Duüren (Founder von The Dualarity): „Stay young! Hit re-fresh and re-imagine your business strategy and culture to iterate, innovate or disrupt.” informierte er das Publikum über digitale Trends (Digital Snombies, CyberX, Fake Accounts/News) und deren Zukunft. „Kids born today are digital natives. If they are bored they will try to swipe you away like they do on their tablets”. Abgerundet wurde der Kongress von Prof. Dr. Christoph Lütge (Peter Löscher-Stiftungslehrstuhl für Wirtschaftsethik und Global Governance). Er lieferte konkrete Zahlen, wie sehr sich eine gelebte CSR im Unternehmen lohnt, z.B. hinsichtlich Markenbewertung, Reputation (Sympathie und Kompetenz) sowie Kaufentscheidung. Sein Ausblick für eine realistische Wirtschaftsethik: Die Digitalisierung beschleunigt die Tendenz zu Ethik-Regeln und Ethik-Regeln werden die Unternehmensgrundlage von kurz- bis langfristig sichern.
Es bleibt festzuhalten: Eine spannende Experten-Veranstaltung mit innovativen, outside-the-box Ansätzen, Best Practices und praktischen Anleitungen. „Wir brauchen als Grundlage ein vernünftiges gemeinsames Werteverständnis“ sagte Christian Thunig zu Beginn. Wir finden, er hat Recht, und freuen uns auf weitere Veranstaltungen in diesem Format.