19-07-2023
Kleine und mittlere Unternehmen werden heute mit einer Vielzahl an belastenden Faktoren konfrontiert. Hierzu gehören neben dem Fachkräftemangel, Lieferengpässen, erhöhten Energie- und Rohstoffpreisen und steigender internationaler Konkurrenz auch Nachhaltigkeitsanforderungen, die von der EU aufgrund der gewünschten ökologischen Wende verlangt werden. Insbesondere regulatorische Anforderungen durch EU-Richtlinien im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Zuge der nachhaltigen Umstellung des europäischen Wirtschafts- und Industrieraums („Green Deal“ ) belasten mittelständische Unternehmen. Mit der Ausweitung der ESG-Anforderungen auf den deutschen Mittelstand befasst sich eine aktuelle Studie, die im Namen der Hanns-Seidel-Stiftung in Zusammenarbeit mit der TU-München erarbeitet wurde.
ESG-Anforderungen als Belastung für den Mittelstand
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) als eine der tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft werden laut der Studie aufgrund ihrer mangelnden finanziellen und personellen Kapazitäten durch zusätzliche ESG-Anforderungen ernsthaft belastet. Denn diese müssen die geforderten Berichtstrukturen erst aufbauen, um den Anforderungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung nachkommen zu können. Hierzu gehören etwa die Berichts- und Transparenzanforderungen der NFRD- bzw. CSRD-Regularien, welche mit erheblichem Mehraufwand verbunden sind. Von der unmittelbaren Berichterstattungspflicht seien zwar „nur“ schätzungsweise 15.000 der 3,5 Millionen KMU betroffen. Allerdings sei von einer sukzessiven Ausweitung auch auf kleinere KMU auszugehen. Zudem seien schon jetzt viele KMU mittelbar von diesen Anforderungen betroffen, da sie Teil der Wertschöpfungskette berichtspflichtiger Großunternehmen sind.
Finanzierungsschwierigkeiten für KMU
Auch im Bereich der Unternehmensfinanzierung drohen laut der Studie Einschränkungen. Denn Banken fragen aufgrund der aktuellen EU-Gesetzgebung immer stärker ESG-Informationen bei der Kreditvergabe an. Diese Informationen können KMU jedoch häufig gar nicht liefern, was zu Finanzierungsschwierigkeiten führen und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen kann. Zudem müssen Banken ab dem Geschäftsjahr 2022 erstmals den Anteil des nachhaltigen Geschäftsvolumens (die sogenannte Green Asset Ratio, kurz GAR) offenlegen. Da bis 2025 die Kredite an KMU – unabhängig von deren Nachhaltigkeit – nicht in die Wertung einfließen, haben Banken weniger Anreiz, Kredite an KMU zu vergeben. Damit wird deutlich, dass das derzeitige Vorgehen nicht den ökologischen Transformationsweg der Unternehmen unterstützt und entsprechende Anreize schafft. Der Gesetzgeber sei hier kurzfristig gefragt, diese Benachteiligung durch eine Änderung der Berechnungslogik zu beheben.
Laut der Studie bietet zusätzliches ESG-Reporting mittelständischen Unternehmen kurz- bis mittelfristig aber auch Chancen. Denn die bloße Berichterstattung verringere bereits Informationsasymmetrien und Risiken und könne so unabhängig von der Nachhaltigkeit des Unternehmens geringere Zinskosten möglich machen. Deshalb sollten KMU so bald wie möglich in ein ESG-Berichtswesen investieren, um sich auf die kommenden Regularien vorzubereiten. Besonders wichtig seien hierbei Umweltthemen, da sowohl Banken als auch der Gesetzgeber darauf besonderen Fokus legen.
Markus Ferber, MdEP, stellt zum Inhalt der Studie fest: „Der Mittelstand ist eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft, sein Wohlergehen liegt auch der Stiftung sehr am Herzen. Es sollten möglichst schnell einheitliche Standards für die ESG-Berichterstattung von mittelständischen Unternehmen formuliert und kommuniziert werden. Nur so kann sich die Wirtschaft adäquat den neuen Herausforderungen stellen.”
Die vollständige Studie finden Sie hier.