21-06-2023
Am 24. Mai fand die Fachtagung Compliance 2023 in den Design Offices Berlin Humboldthafen statt. Bei dem Fach- und Praxisforum für Compliance-Verantwortliche und Führungskräfte aus Unternehmen und Verwaltung ging es in diesem Jahr insbesondere um aktuelle Trends und Themen rund um Legal, Cybersecurity, ESG und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Wir vom Compliance Channel waren auch in diesem Jahr als Medienpartner mit dabei und blicken auf eine gelungene Veranstaltung mit spannenden Vorträgen der zahlreichen Referentinnen und Referenten zurück.
Ausrichtung auf Zielgruppen und “mit der Zeit gehen” für eine erfolgreiche Compliance-Kommunikation
Nach dem Meet and Greet begann die Veranstaltung mit einer Begrüßung durch die Tagungsleiterin Birgit Galley, Betrugsermittlerin und Direktorin der School of Governance, Risk & Compliance (Berlin). Daraufhin erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während des Vortrags von Herrn Lutz Cauers, Chief Compliance Officer und Chief Audit Executive bei der Deutschen Bahn, neben Tipps und Tricks für eine möglichst angenehme Bahnreise eine Einführung in die Best Practices bei der Compliance-Kommunikation. Laut Herrn Cauers komme es hier insbesondere auf den passenden Tone from the Top, eine zielgruppenspezifische Vorgehensweise, die vollständige Abdeckung aller Mitarbeitergruppen sowie die Transformation bestehender Zugangswege in die digitale Welt an. Zudem müsse „mit der Zeit gegangen“ werden, was neben der anlassbezogenen Kommunikation (etwa durch Videopodcasts) auch die ständige Weiterentwicklung und Nutzung neuer Trends, wie etwa Social-Media-Trends, umfasst. So könnten auch jüngere Mitarbeiter besser mit der Compliance-Kommunikation erreicht werden.
“If you can’t measure it, you can’t manage it!”
Im Anschluss ging es im Vortrag von Herrn Marco Wolfrum von der FutureValue Group AG um das Thema Risikobewertung und wie Compliance-, Unternehmens- und ESG-Risiken im Blick behalten und bewertet werden können. „If you can’t measure it, you can’t manage it!“ heißt es hierzu von Herrn Wolfrum. Die Risikoquantifizierung, also die Beschreibung des stochastischen Konstrukts „Risiko“ bezüglich der Häufigkeit des Auftretens und unsicherer Auswirkungen, sei deshalb so wichtig, weil man mit Risikoinformationen letztlich Folgerungen für durch Zahlen ausgedrückte Größen ableiten möchte. Hierzu gehören neben der Insolvenzwahrscheinlichkeit auch insbesondere der Eigenkapital- und Liquiditätsbedarf.
Nach einer Kaffeepause ging es im nächsten Vortrag von Herrn Markus Brinkmann, Partner und Fachbereichsleiter Forensic, Risk & Compliance bei BDO (Hamburg) um Vor- und Nachteile beim Einsatz von Technical Assisted Review (TAR) bei internen Untersuchungen. Im Rahmen von zwei interessanten Fallstudien wurde dabei aufgezeigt, wie verschiedene Verfahren und Algorithmen, wie etwa Active Learning, Predictive Coding und Early Case Assesment, zur Strukturierung, Priorisierung und Qualitätssicherung eingesetzt werden können, um den Review Prozess effizienter zu machen und Ergebnisse zu verbessern.
Im Vortrag von Cäcilie Lüneborg von der Kanzlei Schilling, Zutt & Anschütz (SZA) ging es um die ersten Praxiserfahrungen der Unternehmen bei der Umsetzung des LkSG. Laut Frau Lüneborg biete es sich in der Praxis an, zunächst mit der Klärung von Vorfragen bezüglich des LkSG zu beginnen. Hierzu gehört etwa eine Ermittlung der Konzernunternehmen, die in den Anwendungsbereich des LkSG fallen und eine ausführliche Auseinandersetzung mit der eigenen Lieferkette. Im Anschluss bedarf es dann einer abstrakten und konkreten Risikoanalyse im eigenen Geschäftsbereich sowie bei unmittelbaren Zulieferern, bevor das LkSG-Risikomanagement aufgesetzt, Präventionsmaßnahmen festgelegt und ein Beschwerdeverfahren eingerichtet wird.
World-Cafés: “Compliance Expert Knowledge”
Nach der Mittagspause ging es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in sogenannte World Cafés zum Thema „Compliance Expert Knowledge“. Bei der World-Cafés-Methode führen die Referentinnen und Referenten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst kurz in eine bestimmte Thematik ein, bevor sie im Anschluss mit ihnen in eine gemeinsame Diskussion einsteigen. Nach jeder Runde wechseln die Teilnehmergruppen und tauschen Gedanken und Ideen mit neuen Gruppenmitgliedern aus, wodurch ein kollektives Verständnis und eine gemeinsame Vision entwickelt werden soll. Auf der Fachtagung Compliance 2023 fanden jeweils drei parallele World Cafés mit insgesamt zwei Runden á 45 Minuten statt, wo offene und informelle Gespräche in Kleingruppen geführt wurden.
In der ersten Runde behandelte Tagungsleiterin Birgit Galley die Auswirkungen des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) auf interne Untersuchungen. Parallel dazu ging es im World Café von Sebastian Rockstroh, Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt (Dr. Ing. h.c.F. Porsche Aktiengesellschaft, Fahrzeug IT/Datenökonomie) um eine Gegenüberstellung von Cybersecurity und Governance heute und morgen. Im World Café von Frau Manuela Mackert, Senior Managing Director – Risk, Forensics & Compliance von der Ankura Consulting GmbH, ging es um Compliance Leadership in herausfordernden Zeiten.
Im Anschluss an die erste World-Café-Runde brachte Herr Dr. Claus-Dieter Ulmer, Konzernbeauftragter für Datenschutz und Senior Vice President Group Privacy bei der Deutschen Telekom AG, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Sachen Datenschutz auf den neuesten Stand. Dabei ging es insbesondere um aktuell relevantes Wissen für Compliance-Verantwortliche. Herr Dr. Ulmer betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Datenschutzes als integraler Bestandteil der Unternehmenskultur. Bei der Auswahl verschiedener Umsetzungsvarianten für die Stellung des Datenschutzbeauftragten in einer international tätigen Unternehmensgruppe müssten besonders lokale Kompetenzen, Sprachen und Kulturen beachtet werden. Bezüglich des Top-Themas künstliche Intelligenz betont Herr Ulmer, dass es bei der Verarbeitung personenbezogener Daten wichtig sei, ob die Daten datenschutzkonform erhoben wurden, etwa durch öffentlich verfügbare Quellen aus dem Internet. Wenn ja, könnte ein entsprechender Rechtsgrund aus berechtigtem Interesse nach Artikel 6 Abs.1 f) der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorliegen.
Nach einer kurzen Kaffeepause ging es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann in die nächste World-Café-Session. Im World-Café von Kerstin Euhus, Chief Compliance Officer der Berliner Wasserbetriebe ging es um die aktuellen Herausforderungen des Compliance Managements im Mittelstand. Herr Dr. jur. Christian Wind (Dr. iur. HSG, LL.M., EMBA IMD, Rechtsanwalt und Partner bei der Bratschi AG Zürich) behandelte in seinem World Café die Frage, welche KPIs für die Überwachung der Effektivität eines Compliance-Programms die richtigen sind. Jürgen Krais, Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt bei der Siemens AG, behandelte zudem das spannende Thema Kryptowährungen und welche Herausforderungen damit im Kampf gegen Geldwäsche einhergehen.
Im Anschluss wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der Tagungsleiterin Birgit Galley verabschiedet. Wir vom Compliance Channel danken den Veranstaltern, den Referentinnen und Referenten sowie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für eine sehr gelungene, interaktive Veranstaltung mit interessanten Vorträgen und aufschlussreichen Diskussionen. Die Fachtagung Compliance war damit auch im Jahr 2023 ein voller Erfolg und wir freuen uns bereits auf das nächste Jahr!