19-04-2023
Nach §1 Abs.1 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) ist der Hersteller zu Schadensersatz verpflichtet, wenn durch den Fehler seines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird. Im Rahmen der sogenannten Gefährdungshaftung kommt es dabei nicht darauf an, ob der Hersteller den Produktfehler verschuldet hat oder nicht. Zudem sind die Möglichkeiten zur Entlastung gering.
Die Produkthaftung stellt damit für Unternehmen ein erhebliches Risiko dar. Da moderne Haftungsvorschriften wichtig sind für den ökologischen und digitalen Wandel und insbesondere die Anpassung an neue Technologien, hat die Europäische Kommission am 28. September 2022 einen Entwurf für eine neue EU-Produkthaftungsrichtlinie vorgelegt, welche die Risiken für die Unternehmen weiter verschärft. Damit sollen die Haftungsvorschriften an das digitale Zeitalter, die Kreislaufwirtschaft sowie die Auswirkungen globaler Wertschöpfungsketten angepasst werden. Durch die folgenden Elemente soll die Richtlinie dabei sowohl für Unternehmen als auch Verbraucher faire und berechenbare Vorschriften gewährleisten:
- Modernisierung der Haftungsvorschriften für kreislauforientierte Geschäftsmodelle: Sicherstellung, dass die Haftungsvorschriften für Unternehmen, die ihre Produkte wesentlich verändern, klar und gerecht sind.
- Modernisierung der Haftungsvorschriften für Produkte im digitalen Zeitalter: Schadensersatz für Schäden, die entstehen, wenn Produkte wie Roboter, Drohnen oder Smart-Home-Systeme durch Software-Updates, KI oder digitale Dienste, die für den Betrieb des jeweiligen Produkts erforderlich sind, unsicher gemacht werden, und wenn die Hersteller Schwachstellen im Bereich der Cybersicherheit nicht beheben.
- Schaffung einheitlicherer Wettbewerbsbedingungen für Hersteller in der EU und in Nicht-EU-Ländern: Wenn Verbraucher durch unsichere Produkte, die von außerhalb der EU eingeführt werden, zu Schaden kommen, können sie sich bezüglich des Schadensersatzes an den Importeur oder den EU-Vertreter des Herstellers wenden.
- Gleichstellung der Verbraucher mit den Herstellern: Verpflichtung der Hersteller zur Offenlegung von Beweismitteln, mehr Flexibilität bei den Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen und Erleichterung der Beweislast für die Opfer in komplexen Fällen, z. B. im Zusammenhang mit Arzneimitteln oder KI.
Mit der neuen EU-Produkthaftungsrichtlinie wird der Anwendungsbereich der Produkthaftung wesentlich erweitert. Unter anderem stellt die Richtlinie klar, dass auch Software als Produkt im Sinne des Produkthaftungsrechts gelten soll, was bisher umstritten war. Auch in personeller Hinsicht wird der Anwendungsbereich der Produkthaftung erweitert, womit künftig auch Unternehmen mit Produkthaftungsrisiken konfrontiert werden, für die Produkthaftung bisher kein Thema war. Diese Risiken werden durch das Wegfallen von Haftungshöchstgrenzen und Selbstbehalten weiter verschärft.
Damit wird deutlich, wie wichtig die Identifikation drohender Risiken und eine entsprechende Absicherung auf mehreren Ebenen ist. Die Absicherung beginnt bereits bei der Vertragsgestaltung, wo entsprechende Vorgaben, Kontrollrechte und Haftungsverteilungen berücksichtigt werden sollten. Zudem bedarf es einer sorgfältigen Konstruktion und eine dokumentierte Überwachung der Produktion und der Produkte. Vor allem sollten sich Unternehmen jedoch ausreichend versichern und ihren Versicherungsschutz regelmäßig überprüfen.
Mehr Informationen zur Produkthaftung, Absicherung, möglichen Entlastungsbeweisen und dem Haftungsumfang finden sie hier.