Unter einer Due Diligence verstehen wir im Allgemeinen die „sorgfältige Prüfung und Analyse eines Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf seine wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse, die durch einen potenziellen Käufer eines Unternehmens vorgenommen wird“. Ziel einer Due Diligence ist also „sich so weit wie möglich abzusichern, dass die Annahmen und Voraussetzungen, auf die sich ein Kaufangebot für ein Unternehmen bezieht, zutreffen und alle relevanten Risiken identifiziert worden sind.“
Meiner Meinung nach ist neben einer sorgfältigen Prüfung im Hinblick auf wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche, finanzielle und gegebenenfalls marktbezogene, soziale oder umweltbezogene Verhältnisse eine Prüfung der ethischen Verhältnisse im Unternehmen ebenfalls angebracht. Dazu gehört nicht nur die Feststellung nach welchen „Soll-Vorstellungen“ das Unternehmen in Form von Vorschriften (z.B. Code of Conducts, Deutscher Corporate Governance Kodex, UN Global Compact, ILO, “Leitbild für verantwortliches Handeln in der Wirtschaft”) agieren will, sondern insbesondere wie die Mitarbeiter und zu allererst deren Führungskräfte diese Werte leben und im Tagesgeschäft anwenden und umsetzen. Welche moralischen Wertvorstellungen und Ideale hat das Unternehmen und wie unterstützen diese den nachhaltigen unternehmerischen Erfolg? Diese Werte, die sogenannte „Unternehmens-Kultur“ gilt es also festzustellen und auf Kompatibilität mit der „Unternehmens-Kultur“ des übernehmenden Käufers abzugleichen. Sonst ist der Ruf nach einem „Kulturwandel“ groß – vgl. die jüngsten „Rufe“ bei der Deutschen Bank und bei Volkswagen.
Nicht nur beim „Einkaufen” von neuen Unternehmen sondern auch beim „Einkaufen“ weiterer Führungskräfte sollte ein Unternehmen diese ethische Sorgfaltspflicht anwenden. Das Institute für Business Ethics in London hat bereits 2010 ein Business Ethics Briefing mit dem Thema „Ethical Due Diligence in Recruitment“ herausgegeben mit Anleitungen und Praxisbeispielen. Fragen in folgenden ethischen Bereichen sollten mit der zukünftigen Führungskraft ausführlich besprochen werden:
- Angemessene Führungskraft-Vergütung (z.B. Manager-Boni und deren Höhe)
- Nationale und internationale Steuervermeidungspraktiken (z.B. Steuer-Oasen)
- Diskriminierung von Beschäftigten (z.B. Gender, Kultur, Alter)
- Bestechung und Korruptionspraktiken (z.B. in Vertriebsländern mit anderen Kulturen)
- Faire und transparente Preisgestaltung für Produkte und Leistungen (z.B. access to medicine)
- Belastungsgrad der Mitarbeiter (z.B. work-life-balance, Handy-Erreichbarkeit)
- Behandlung der Lieferanten (z.B. Pricing) und Wissen über die Lieferanten (z.B. Pakistan)
Es geht in allen Bereichen um zukunftsfähiges Führungsverhalten und um die Kernfrage: Welche Werte sind mir als Führungskraft – privat und beruflich – wichtig? Entspricht die Summe der wesentlichen persönlichen Werte aller Führungskräfte nicht den Wertvorstellungen des Unternehmens (vertreten durch Eigentümer und Aufsichtsgremien) kommt es zu einer „Vorspiegelung falscher Tatsachen“ – sowohl intern als auch extern – und beeinträchtigt den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens zwangsläufig. Ein „Walk the Talk“ ist also nur vorgetäuscht und wird von vielen nicht mehr akzeptiert. Eine Ethical Due Diligence ist meiner Meinung nach beim Kauf eines Unternehmens und dem Einstellen von weiteren Führungskräften genauso notwendig wie die „klassische“ Prüfung und Analyse im Hinblick auf seine wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse. Eine nachhaltige Unternehmensführung ohne Wertorientierung ist nicht möglich. Diese Wertorientierung wird in den Köpfen und in den Taten der involvierten Menschen gelebt. Diese zu kennen, ist unabdingbar.