Mit dem Ziel, den von der D&O-Versicherung ausgelobten Jackpot (Gewinnklasse 1: Deckungssumme abzüglich anzurechnender Abwehrkosten) zu knacken, versuchen geschädigte Unternehmen hohe Bußgelder bei pflichtvergessenen Organwaltern zu regressieren. Mutter aller Probleme ist das Regime der strengen Organhaftung. Der Deutsche Juristentag hatte eine Lösung empfohlen: Der Gesetzgeber sollte zulassen, dass die aktienrechtliche Innenhaftung der Organmitglieder durch die Satzung begrenzt wird, indem die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird und / oder Haftungshöchstgrenzen eingeführt werden. Eine Reform der Organhaftung steht allerdings nicht auf der politischen Agenda. Für Kartellbußen hatte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im “Schienenkartellverfahren” den Regress für unzulässig erklärt. Die vom Bundeskartellamt verhängte Kartellbuße sei im Verhältnis zum Beklagten als natürlicher Person nicht erstattungsfähig. Das Kartellamt unterscheide zwischen Bußen gegenüber natürlichen Personen und Unternehmen. Diese Regelung würde ins Leere laufen, wenn Bußgelder weitergereicht werden könnten. Das Bundesarbeitsgericht hat das Urteil wegen Zuständigkeitsfragen aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen. Die grundsätzliche Frage wurde nicht entschieden. In anderen zivilrechtlichen Verfahren wurde die Erstattungsfähigkeit von Geldbußen, jedenfalls soweit es um den Sanktionsteil geht, bejaht. Letztlich werden wohl die Kartellgerichte und der Bundesgerichtshof entscheiden.
Klagende Aufsichtsräte sollten sich nicht in Schadenfreude üben. Jede Pflichtverletzung der Geschäftsleitung kann auch als Aufsichtspflichtverletzung gedeutet werden. So werden Aufsichtsräte über Streitverkündungen ins Haftungsboot gezogen. Bei astronomischen Klagesummen und einer Vielzahl von versicherten Personen kann schnell der Deckungskonkurs drohen. In der Praxis ist ein Trend zur persönlichen D&O-Versicherung festzustellen, die der Manager auf eigene Rechnung abschliesst. Damit können auch keine Begehrlichkeiten – nach dem Motto “Insurance breeds claims” – geweckt werden.
Oberstes Gebot ist die Prävention, so dass es erst überhaupt nicht zum D&O-Schadenfall kommt. Amtierende Geschäftsleiter sollten unbedingt ein wirksames Compliance-Management-System einrichten. Gegen den Vorwurf unzureichender Compliance Bemühungen in einem zukünftigen Haftungsprozess kann zur Entlastung der Nachweis einer unabhängigen Prüfung des Compliance Systems nach dem vom Institut der Wirtschaftsprüfer aufgestellten Standard hilfreich sein.
Letzter Rettungsanker für die Verzweifelten ist Asset Protection. Das Privatvermögen soll vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt werden. In der Praxis verbreitet sind Güterstandsschaukeln, Familienstiftungen, ausländische Rechtsträger und Gestaltungen zur Vermeidung eines pfändbaren Vermögensanfalls. Mit einer rechtlich einwandfreien Asset Protection muss rechtzeitig begonnen werden und nicht erst in der Krise. Denn dann droht die Anfechtung der Vermögensübertragungen oder gar eine Strafbarkeit – weit abseits vom Leitbild des “ehrbaren Kaufmanns”.
Bleibt zu hoffen, dass der Bundesgerichtshof den überzogenen Haftungsmaßstab im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung korrigiert. Einstweilen bleibt das Casino geöffnet. Der reformunwillige Gesetzgeber schaut tatenlos zu.