Führung ist Kunst. Das zeigt sich besonders in Krisensituationen wie in der derzeitigen Corona-Pandemie. Einige Branchen kämpfen unverschuldet mit der schieren Existenz, anderen ist es gelungen eine Art „Überlebensmodus“ zu organisieren und mit wirksamen Aktionen auf die Probleme zu reagieren.
Einerseits kommen Unternehmen, welche bereits in der Vergangenheit auf einen nachhaltigen Business Case ausgerichtet waren und eine berechtigte ‚Licence to operate‘ besaßen, mit der Situation deutlich besser zu recht. Auf der anderen Seite macht Corona deutlich sichtbar was bisher oft leichtfertig nicht wahrgenommen werden wollte (z.B. allgemeiner Abschwung in zahlreichen Industrien, margenloser Überproduktion und Konsum nicht lebensnotwendiger Produkte und Dienstleistungen). Corona wirkt wie ein Brennglas. Versäumnisse der Vergangenheit werden rücksichtslos sichtbar. Versäumte Transformationen und Entwicklungen (z.B. Digitalisierung, neue Arbeitsplatzmodelle wie Homeoffice etc.) müssen beschleunigt werden.
Corona macht auch in der Zivilgesellschaft die immer noch bestehenden Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten (wie z.B. Bildung, Chancengleichheit, Zustände in Alten- und Pflegeheimen, leistungsgerechte Entlohnung) sichtbar.
Hier und jetzt zeigt es sich, ob die bisherigen “Schönwetter-Kapitäne” sich auch als “Sturm- und Krisen-Kapitäne” eignen und bewähren. Sowohl in der Politik als auch in den Unternehmen ist mutige, tatkräftige und ergebnisorientierte Führung mehr denn je gefragt.
Führung ist Kunst
Politische und unternehmerische Führung ist die Kunst, Menschen zu überzeugen und sie zur Gefolgschaft einzuladen, sodass sie freiwillig das tun, was ich, die Führungskraft, für das Richtige für mein Unternehmen und für meine Bürger halte. Also nicht ich ‚mache’ mich zum Führer, sondern meine Mitmenschen entscheiden, ob ich ein Führer ‚bin’. Nicht ich ‚erschaffe’ ein erfolgreiches und nachhaltiges Unternehmen, sondern meine Kunden ‚entscheiden’, ob meine Produkte kauffähig sind.
Das Konzept der „Dienenden Führung“ unterstreicht diesen Ansatz. „Führender“ und „Geführter“ sind füreinander da sind und agieren gemeinsam zum Wohle aller. Aus der Perspektive der Führungskraft lauten die zentralen Fragen: „Wie kann ich andere führen, damit sie sich persönlich weiterentwickeln und ihr Potenzial voll entfalten können, um unsere gemeinschaftlichen Ziele zu realisieren?“ „Mag ich andere Menschen oder mag ich nur mich?“ Nur wer Menschen mag und das „4-M-Prinzip“ (man muss Menschen mögen) verinnerlicht hat ist ein Leader. Dies ist auch im Interesse des nachhaltig Führenden, wie schon Hermann Hesse erkannte: „Es ist das Gesetz des Dienens. Was lange leben will, muss dienen. Was aber herrschen will, das lebt nicht lange“.
Ohne Gefolgschaft und ohne Kunden gab es noch nie eine erfolgreiche Führung bzw. ein erfolgreiches Unternehmen. Führungsverhalten muss also klar, konsequent, nachvollziehbar und authentisch sein. Nur durch dieses Verhalten wird Vertrauen aufgebaut und gelebt. Ein Unternehmensführer muss für sich und für das Unternehmen Verantwortung übernehmen. Sein Führen muss zukunftsfähig sein. Zukunftsfähige gelebte Führung schafft Vertrauen und hilft dem Unternehmen erfolgreich und nachhaltig zu sein. Nachhaltige Unternehmensführung ist ein langfristiges, wertebasiertes und gegenüber Menschen und Umwelt Verantwortung forderndes, gelebtes Konzept, das auf Vertrauen beruht.
Führung macht sichtbar
Und wie in Analogie zu Paul Klee (1879 – 1940), deutscher Maler, “Kunst nicht das Sichtbare wiedergibt, sondern sichtbar macht” spiegelt ‚Führung nicht das Sichtbare wider, sondern macht die gelebten Tugenden und Todsünden der Führungskraft sichtbar’. Bei Corona werden alle gelebten Tugenden und Todsünden aller Menschen sichtbar.
So gesehen haben Corona und Führung eines gemeinsam: Sie sind der Lackmustest der inneren Sinn- und Werte-Orientierung und des eigenen Moralkompasses. Bei der Ausführung von Führungsverhalten kann nur sehr schwer versteckt, simuliert und vorgegaukelt werden. “Kunst kommt von können, nicht von wollen, sonst müsste es ja Wunst heißen!” wusste schon der deutsche Komiker Karl Valentin (1882 – 1948).
Diese Gedanken sind teilweise entnommen dem Buch: Dienende Führung – Zu einer neuen Balance zwischen ICH und WIR – Taschenbuch – 2019, ESV Verlag und dem dort veröffentlichten Beitrag von Herrn Ruter „Vom ehrbaren Kaufmann zum kaufbaren Ehrmann“