Für die Mehrzahl der Führungskräfte und Verantwortungsträger in unserer Wirtschaft ist es selbstverständlich im täglichen Geschäftsleben Werte zu leben. Auch wenn aktuell immer öfter Medien eher das Bild vom gierigen, unsozialen und unanständigen Manager in ihren Schlagzeilen verbreiten. Sich als Führungskraft anständig zu verhalten, macht Sinn. Nur wenn sich alle Mitarbeiter, Führungskräfte, Vorstände, Aufsichtsräte / Beiräte und Eigentümer / Gesellschafter eines Unternehmens anständig gegenüber ihren Stakeholdern (nach innen und außen in alle Richtungen wie v. a. Kunden, Lieferanten, Geschäftspartnern, Öffentlichkeit) verhalten, wird das Unternehmen selbst langfristig wirtschaftlichen und nachhaltigen Erfolg haben. Klare Sinn- und Werte-Orientierung ist sowohl für alle Akteure aus auch für das Unternehmen selbst als Fundament und Voraussetzung für ein nachhaltiges Erfolgsmanagement gefragt.
Was bedeutet dies nun konkret für den ehrbaren Aufsichtsrat im Bereich Compliance?
1) Er kennt die ‚Spielregeln’
Der ehrbare Aufsichtsrat besitzt ausreichende Kenntnisse der wesentlichen regulatorischen Vorschriften für sein Unternehmen (insb. aus dem Bereich der Corporate Governance, des Aktiengesetzes, des Internen Kontroll- und Risikomanagementsystems, Compliance). Er kennt das eigene unternehmerische Geschäftsmodel und den dazugehörigen Markt und versteht die unternehmerische ‚licence-to-operate’ in dieser Branche. Insgesamt hat er für die ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner Aufgaben alle erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen (vgl. DCGK 5.4.1).
2) Er kennt den Unterschied zwischen legal und legitim
Nur mit Regel- und Gesetzestreue – oder neudeutsch ‚Compliance’ genannt – ist ein Unternehmen nachhaltig nicht zu führen. “Nicht alles was legal (gesetzeskonform) ist, ist richtig, sondern nur was legitim (anständig und anerkennungswürdig) ist, ist auch richtig”. Der ehrbare Aufsichtsrat orientiert sich am ehrbaren Kaufmann und nicht an der Filmfigur aus Wall Street ‚Gordon Gekko’. Er kennt den Unterschied zwischen legal und legitim.
3) Er fühlt sich persönlich für Compliance verantwortlich
Zu allererst und jederzeit handelt der ehrbare Aufsichtsrat nach der im Unternehmen festgelegten Sinn- und Werte-Orientierung und dem Unternehmensleitbild. Er macht nur das, was sein Aufgaben- und Verantwortungsbereich gemäß Gesetz und Aufsichtsrats-Geschäftsordnung umfasst (vgl. DCGK Präambel). Trotzdem fühlt sich jeder ehrbare Aufsichtsrat für alle anderen Bereiche des Unternehmens und insbesondere für das unternehmerische Reputations- und Risikomanagement und Compliance-System im Ganzen verantwortlich und unterstützt dieses tatkräftig.
4) Er unterstützt das Risiko- und Integritätsmanagement mit all seiner Kraft
Trotz aller Hoffnung auf eine positive Zukunft lebt jeder ehrbare Aufsichtsrat ein angemessenes Risiko- und Integritätsmanagement gepaart mit einem angepassten Compliance-Management. Er ermöglicht ein ausgeprägtes Risikomanagement (einschließlich funktionstüchtigem Internen-Kontroll-System und einer wirksamen Internen-Revisions-Funktion) und ein zukunftssicherndes Reputations- und Ethikmanagement. Dies ist nicht (nur) die Aufgabe der Mitglieder der entsprechenden Aufsichtsrats-Ausschüße sondern eines jeden Aufsichtsrats. „Es dauert 20 Jahre, um einen guten Ruf aufzubauen, und nur fünf Minuten, um ihn zu ruinieren“, sagte der US-amerikanische Großinvestor Warren Buffett (*1930).
5) Er kennt die Grenzen des Vertrauens
Jeder ehrbare Aufsichtsrat weiß, dass Vertrauen und Glaube grundsätzlich riskant sind. „Der völlige Verzicht auf Hoffnung ist das, was das Unheil nur beschleunigen kann. Eines der Elemente, die das Unheil verzögern können, ist der Glaube daran, dass es abwendbar ist“ erklärte uns schon der deutsch-amerikanische Philosoph Hans Jonas (1902 – 1993). Selbst ausgeklügelte Compliance-Systeme ändern daran nichts. Vertrauen ist riskant, weil es immer auf die Zukunft gerichtet ist. Genau wie ein Kredit riskant ist, weil man darauf vertraut, dass man seinen gegebenen Vorschuss zurückbekommt. Man läuft Gefahr auf Kosten der Zukunft zu leben, wenn man sein Geld / seinen Vorschuss nicht zurückbekommt. Im Gegensatz zur Nachhaltigkeit, wo nicht auf Kosten der Zukunft agiert wird.